{Dieser Beitrag enthält Werbung}*
„Früher war alles besser“, wie oft hört man diesen Spruch? Jaja die liebe Schwarzweiß-Malerei, umso erfrischender war es für mich jemanden zu treffen, der es sich zum Beruf gemacht hat Altbewährtes und Innovatives zu verknüpfen. Ich war zu Besuch bei Erwin Gegenbauer in Wien. Ein unglaublich inspirierender Termin, sodass mir diese Zeilen auch noch zwei Monate nach meinem Besuch unter den Nägeln brennen.
Blicken wir doch mal kurz bei Wikipedia rein, über wen wir hier überhaupt sprechen: Erwin Maximilian Gegenbauer ist ein österreichischer Essig- und Bierbrauer, Kaffeeröster, Safthersteller, Ölmüller und bekannt als „Wiener Essigpapst“.
Ajajaj große Worte, ich ging trotzdem so unbefangen wie möglich in den Termin und habe nach diesen Zeilen nur noch die firmeneigene Homepage gecheckt, Fragen notiert und los ging´s. Angekommen in der Essigbrauerei Gegenbauer hakte ich einfach nochmal persönlich nach wie alles losging und Erwin legte los: „Ok, wenn du so fragst muss ich dir die ganze Geschichte erzählen…“
Nun aber erst einmal die Kurzversion für euch.
In der Familie Gegenbauer hat Essig seit Gründung einer Konservenmanufaktur (später Fabrik) im Jahre 1929 schon immer eine große Bedeutung gespielt. Als kleiner Bub fand Erwin schon früh für das säuerliche Gebräu seinen Gefallen. Besonders der süß-säuerliche Geruch von frisch eingelegten Gurken begeistert ihn. Die Frauen aus der Produktion sagten ihm das würde am guten „Holzessig“ liegen. Gemeint war der hauseigene Essig, welcher im Holztank monatelang heranreifte. Dazu später noch mehr…
Die Konservenproduktion florierte für Jahre und Jahrzehnte. Erwin war mittlerweile längst Geschäftsführer in 3. Gegenbauer-Generation doch dann kam der Tag an dem Erwin einen radikalen Einschnitt wagte. Er sagte sich „Schluss mit Massenproduktion, Schluss mit (mittlerweile) charakterloser Einheitsware. Stattdessen zurück zum wirklichen Handwerk im Stammhaus und einzigartigen Produkten für Liebhaber.“
Es hagelte nicht gerade Lob in Fachkreisen, sondern eher Unverständnis. Typische Spötter… er würde sich nun auf die faule Haut legen und in den Verkäufserlösen sonnen. Es kam jedoch anders, und ich habe es im Laden selbst gesehen, der Name Gegenbauer ist bestehen geblieben. Regale um Regale voller feinster Lebensmittel. In den vergangenen Jahrzehnten wurde mühevoll ein neues Geschäftsmodell aufgebaut.
So hieß es zurück zu den Wurzeln. Hierfür wurde das Stammhaus als Produktionsstätte reaktiviert. Die Herstellung lief nun wieder in Handarbeit. Von einst etwa 600 Mitarbeitern reduzierte sich Gegenbauer auf heute neun Angestellte. Das Thema Konserven war Geschichte, es blieb der Essig und hinzu kamen diverse Frucht- und Gewürzöle. Das Ganze zudem mit einer Sortenvielfalt, die sich gewaschen hat. Ich war wirklich beineindruckt, was alles so in den Regalen des Ladens steht und dann auch noch im Keller-Gemäuer bei besten Temperaturen lagert. Weitaus mehr als ein bizl hausgemachtes Kürbiskernöl oder Marillen-Essig, was ich leicht vorurteil-behaftet so vermutet hätte.
Unverbesserliche Liebhaberei oder einzigartiges Handwerk?
Irgendwie ja schon beides, denn ein bisschen verrückt muss man ja schon sein, um aus der winzigen Saat einer Himbeere ein Kernöl herzustellen. Oder auch Spargel-Essig! Ich dachte nur – „wie zur Hölle soll das funktionieren?“ Gegenbauer schafft’s irgendwie und das ohne künstliche Aromen oder sonst was. Es ist unglaublich spannend, was dabei so rumkommen kann, wenn jemand mit großer Passion lange genug an einem bestimmten Projekt werkelt. Irgendwann klappt es dann doch und dafür nimmt Gegenbauer wie Thomas Edison auch gerne 999 Fehlversuche in Kauf.
Wenn ihr in Wien seid, schaut doch mal im 10. Bezirk vorbei. Abseits der touristischen Ströme kann man hier mal einen anderen Stadtteil kennenlernen und der Wiener Essigbrauerei einen Besuch abstatten. Hier könnt ihr nicht nur mit etwas Glück Erwin Gegenbauer zum persönlichen Plausch antreffen, sondern auch alle Essige, Öle und weitere Feinkost Vorort probieren. Meine Highlights waren ein sehr feines Kaffeeöl (toll zu gegrillten Fleisch, gebratenen Gemüse), der angesprochene Spargel-Essig sowie das „Wiener Bier“ (aus Urkorn Getreide, unglaublich gehaltvoll und aromatisch).
Abschließend noch einmal zur Geschichte vom Holzessig:Z
Der ehemalige Gurkenessig wird heute als „Hausessig“ verkauft. Das Herstellungsverfahren im Holztank ist zurück bei Gegenbauer. Nach langer Suche fand er tatsächlich das alte Holzfass aus Kindheitstagen wieder. Dieses wurde zu Zeiten der Fabrik verkauft und auch heutzutage nutze mittlerweile kein Mensch mehr dieses Gärungsverfahren.
Warum? Natürlich der Faktor Zeit, es dauert in der Industrie zu lange, da kann das Aroma noch so toll sein. Auch der Verkäufer des Holztanks erklärte Gegenbauer für total verrückt so einen ollen Holztank noch haben zu wollen, denn eigentlich stand ein hochmoderner Metalltank zum Verkauf. Gegenbauer hat gezeigt, wie am Ende des Tages der Geschmack heute immer noch begeistert und so betreibt er nunmehr mit diesen 12 Tonnen-fassenden Holztank, den letzten sogenannten Buchenspanbildner Österreichs.
„Pionier zwischen Innovation und Tradition“ Ja oder nein und wieso? Ein persönliches Fazit:
Diese Überschrift kann ich nochmals unterstreichen, denn ich habe Vorort den Eindruck eines sehr idealistischen Menschen gewonnen. Das heißt konkret – Eine Einstellung sich nicht mit den jetzigen Umständen der Industrie zufrieden zu geben, sondern im Gegenteil sich zu sträuben und als Vorreiter für Genuss nach vorn zu gehen. Hierbei kann man natürlich auch mal „Räder neu erfinden“. Doch noch wichtiger, man ist auch ebenso offen für alte Stärken und fast vergessene Ideen. Mit diesem immer größer werdenden Rucksack an Fachwissen ist Erwin Gegenbauer stets auf der Suche nach neuen Herausforderungen – sei es eigenes Bier, sei es eigener Kaffee.
Im Mittelpunkt steht bei allen Prozessen die optimale Verwertung bzw. Veredelung der natürlichen Rohstoffe. Einerseits lässt Erwin Gegenbauer seinen Balsamico Essig in uralten Holzfässern auf dem Balkon des Hauses reifen und verzichtet hier auf jegliche Beschleunigung der Prozesse, in der nächsten Ecke wird dann jedoch auch Öl nach eigener, hochmoderner Herstellungsweise schonend wie nie zuvor gepresst. Sehr beeindruckend!
Im zweiten Teil geht es um einige persönliche Ansichten des Wieners! Wenn ihr wissen wollt, was das alles mit Schnittlauchbrot zutun hat… dann lest HIER unbedingt mal rein.
*Dieser Besuch erfolgte auf Einladung von Erwin Gegenbauer. Der Beitrag basiert natürlich – wie immer – auf meinen eigenen Eindrücken und Standpunkten. Alles wurde nach besten Wissen & Gewissen getextet und gründlich reflektiert. Ich lasse gesponsorte Beiträge lieber mal links liegen als euch irgendein Mittelmaß oder nur mit zwei zugedrückten Augen irgendwas „halbgares“ vorzusetzen. Von der Philosophie erwähnter Marken, Unternehmen, Restaurants und Lokalitäten bin ich überzeugt und präsentiere sie somit gerne für euch.*