UPDATE: Zwei Tage nach meinem Blogartikel ereilte mich die traurige Nachricht, dass Stone leider sein Projekt in Berlin Mariendorf aufgeben wird. Die Erklärung ist wirklich lesenswert und erschütternd zugleich: „The truth is, the construction industry in Berlin is broken. Yes, there’s a lot of bureaucracy. The U.S. has more than a bit of that, so we were prepared for it. The real challenge was the tendency of our contractors to stop everything when a problem arose. The refrain I heard over and over was, “These things take time.” Hier geht es zum kompletten Statement seitens Stone
Diese Städte, die eigentlich immer mal wieder eine Reise wert sind. Kennt ihr das? Berlin ist so ein Fall für mich. So hat es mich an jenem Wochenende im März 2019 mal wieder nach Berlin verschlagen. Gibt es doch jedes Mal neue Ecken und Lokale der Stadt zu entdecken.
* Enthält Werbung, Einladung von Stone Brewing Berlin*
Die To-Do mal wieder endlos…
…die Zeit so knapp an einem Wochenendtrip. Wie gut, dass ich mir ein paar Locations vorher schon fest in den Kopf gesetzt hatte. Sonst würde ich wohl jetzt noch an der Warschauer Straße stehen und meine Liste an Empfehlungen durchscrollen.
Und was steht bei mir natürlich ganz oben?
Natürlich nur Kulturprogranm 😀 Also kulinarisches Kulturprogranm, versteht sich. Denn wenn man offen ist für Neues, lässt sich hier in Berlin so ultra viel entdecken, wie kaum wo in Deutschland. Zwischen veganen Hippster Burgern, überdimensionierten Street Food Events, Third Wave Coffee und Craft Beer Brauereien bleibt kein Wunsch offen.
An jenem Sonntagmorgen widme ich mich dem Brauhaus Erlebnis der etwas an anderen Art zu. War ich doch schon lange mit Colin von Stone Brewing in Kontakt, da kam das Berlin Wochenende gerade recht. Also auf nach Berlin-Mariendorf!
Äh, wo willst du genau hin?
Ja, ich gebe zu es ist nicht gerade der bekannteste Stadtteil Berlins. Schon gar nicht der zentralste Ort. Doch Google Maps hilft:
So verrückt die Amis doch sind. Stone wird sich schon was dabei gedacht haben“,
denke ich mir. So steigen mein Kompagnon Nicolas und ich in die Berliner U-Bahn. 25 Minuten Fahrt (ab Warschauer Straße) und wir sind am Endhalt Berlin-Mariendorf. Dann noch einen zehn-minütigen Spaziergang durch die Siedlungen Mariendorfs und auf einmal erstreckt sich zu unserer Rechten ein großes Industrie-, oder sagen wir mal, Gewerbeareal. Gemeint ist der Marienpark.
Der Marienpark – Smells like Ruhrgebiet
Die Umgebung hier versprüht auf jeden Fall einen gewissen altindustriellen Charme. Über eine große Werksstraße geht es auf einmal links ab auf das riesige Areal eines ehemaligen Gaswerks. Große Backsteingebäude wohin das Auge blickt, mittlerweile natürlich allesamt renoviert. Wo früher Güterwagons und industrielles Gefährt rollte, stehen heute Blumenkübel und Fahrräder.
Das Bierhandwerk erobert sich sein Territorium zurück
Etwas surreal, aber irgendwie doch auch super passend. Handwerkliches Craft Beer an einem Standort produziert, wo früher eben ehrlich geschufftet wurde. Heute rauchen allerdings nicht mehr die Schornsteine, sondern maximal der Smoker im weitläufigen Biergarten von Stone. Bier wird hier zum Genuss getrunken und nicht um die „harte Maloche“ auszuhalten.
Genuss im Überfluss – Willkommen im deutschen Craft Beer Wunderland
Ich schmeiße mit Superlativen nur ungerne um mich, aber das hier beeindruckt mich dann schon. Beim Eintreten erstreckt sich zur Rechten direkt ein weitläufiger Craft Beer Shop mit allerlei Spezialitäten. Unser Blick schweift auf den Eingang zum Brewpub, wo wir hinter den Glaswänden auch schon die Biertanks sehen.
Kurz danach werden wir am Empfang freundlich begrüßt: „Hey ihr Zwei. Ihr wart mit Robert verabredet oder?“ Und hätten wir nicht kurz gezögert, hätte auch schon das erste Bier auf dem Tresen gestanden. Es war früh und zunächst reichte uns das Ambiente vollkommen aus, um uns ein wenig berieseln zu lassen.
Aus alter Fabrik wird „überdimensionales Wohnzimmer“ mit angeschlossener Brauerei
Klingt ansich cool oder? Doch wie geht das? Kurz gesagt: Eine Menge Pflanzen, Industrie-Design mit einzigartigen Möbeln und Auge für das Detail. Hier hat sich Stone auf jeden Fall nicht Lumpen lassen. So wurde gar eine ganze Pappel als Raumteiler mitten in das Lokal gelegt.
Das wohl wichtigste Element möchte ich natürlich nicht vergessen: die große Bar. Die Zapfanlage mit 75 Hähnen ist die größte ihrer Art in ganz Deutschland (50 an der Hauptbar und noch einmal 25 im Nebenzimmer „Library-Bar“). Hier werden im täglichen Betrieb über 50 Craft Beer Sorten ausgeschenkt. Wohlgemerkt frisch gezapft und mit dem wohl kürzesten Transportweg, den es geben kann. Die lokalen Biertanks stehen nämlich direkt in der zweiten Hallenhälfte hinter einer großen Glaswand.
Robert Hilges und die Stone Crew
Kaum haben wir uns einen ersten Eindruck in dem großen Brew Pub verschafft, kommt auch schon Küchenchef Robert Hilges auf uns zugelaufen. Der gebürtige Berliner begrüßt uns und wir laufen direkt mal eine große Runde durch die Halle und den Garten.
An jeder Ecke hat der passionierte Koch eine Anekdote parat. Besonders stolz ist er auf die Vielzahl der hausgemachten Spezialitäten im World Bistro:
Seht ihr dort drüben die Brote. Alles hausgebacken. Das Jalapeno Ciabatta müsst ihr unbedingt mal probieren. Ist einer unserer Klassiker.“
Ein Koch, der auch dem Backen was abgewinnen kann. Das lob ich mir.
Ein kurviger Weg nach oben. Vom lokalen Catering in die Bier-Gastro
Hotel-Gastronomie auf hohem Niveau, bodenständiges Catering von klein bis groß, gar Feldkoch bei der Bundeswehr… Robert Hilges hat schon einiges in seiner Laufbahn durchlebt. Nach Stationen im Ritz Charlton und dem Hofbräuhaus in Berlin lockten die Rufe von Stone.
Mehr als Bulette und Currywurst
Woran denkt ihr bei „Bier-begleitendem Essen“? Wahrscheinlich nicht unbedingt an kreative Kreationen aus aller Welt. Doch Stone und viele weitere Craft Brauereien drehen hier seit einigen Jahren den Spieß um. Schließlich braucht ein charakterstarkes Bier auch einen aroma-starken Begleiter auf dem Teller.
„Wein zum Essen habe ich jahrelang gemacht. Das Thema Bier hat mich einfach gereizt, als ich überlegt hatte, was könnte ich denn noch neues machen? „, berichtet der gebürtige Berliner. So ging es für den Küchenchef dann auch direkt einmal nach Kalifornien, um im Land der Brew Pubs gehörig Inspiration zu tanken.
In ähnlicher Art und Weise juckte es den Stone Verantwortlichen einige Jahre zuvor im Finger…
Alles auf eine Karte, alles auf Bier!
Visionen für neue kulinarische Erlebnisse waren es, die den Stone Geschäftsführer Greg Koch 2014 getrieben haben. 4 Jahre lang sondierte die Brauerei aus Escondido (nahe San Diego) nach einem passenden Standort für eine Brauerei in Europa. Dann kam Berlin und Greg Koch war begeistert.
Dieses damals marode Areal am Rande Berlins für etwa 25 Millionen in einen noch nie dagewesenen Craft Beer Standort zu verwandeln, klang illusorisch. Wer soll hierhin fahren? Das Gebäude sei nicht geeignet?! Manch Berliner erklärte ihn für verrückt, hier würde man sich übernehmen. Doch falsch gedacht. Nur gut 2 Jahre später konnte Eröffnung gefeiert werden und seither ist der Standort eine der angesagtesten Adressen für Bierfans aus Berlin und aller Welt.
Foodpairing neu gedacht…
Was treibt die Leute nach Mariendorf? Ein Faktor für den Erfolg ist neben dem Bier sicherlich das ausgefeilte Essen. Was selbst in den hippen Stadtteilen der Hauptstadt ziemlich abgefahren klingt, scheint hier nur die logische Konsequenz zu sein: Besondere Biere brauchen besonderes Essen. So beschreibt Robert Hilges, wie es beim amerikanischen Vorbild aussieht:
Die Frische der kalifornischen Küche hat mich begeistert. Mexikanische Tacos, sanft geschmortes peruanisches Hühnchen, Käsekuchen mit Jalapenos…“
Wir werden schon hungrig. Der Chefkoch des Hauses fährt noch fort.
Vor allem ist die amerikanische Westküste um San Diego auch ein Melting-Pott der Kulturen. Das soll unsere Küche hier in Berlin auch sein.
Mit Blick auf die Speisekarte im Stone Brewing macht beim zweiten Hinschauen nun vieles noch mehr Sinn. Es wurde nicht stumpf die amerikanische Karte abgekupfert, sondern mit Blick auf die europäischen Vorlieben adaptiert:
Shrimp-Tacos, Thai Curry auf Saitanbasis vom „vegetarischen Metzger“, Biergulasch, Käsekrainer und Pflaumen-Stout-Tiramisu auf eine Karte?
So darf Wurst nicht fehlen und auch ein hippes veganes Currygericht.
„Wir heißen World Bistro und so werden wir dem Namen auch gerecht. Wir kombinieren verschiedene Einflüsse der Küchen aus aller Welt. Schließlich kommen die Hopfensorten der Biere auch aus verschiedensten Ländern. USA, Südafrika, Australien und so weiter.“
Macht Sinn denke ich mir und muss aber doch noch einmal nachfragen, denn auf der Speisekarte finden sich zu JEDEM einzelnen Gericht passende Bierbegleiter. Robert Hilges nickt und fährt fort:
Da musste ich am Anfang natürlich auch erst einmal probieren mit meinem Team. Doch der Spielraum an Bierstilen ist wirklich enorm; größer als beim Wein .„
So wurde aus dem Koch, der in der klassischen Küche alles auf den Wein abstimmen musste, jemand der Bier nicht mehr missen möchte. Nach dieser kurzweiligen Unterhaltung, knurrt uns dann doch der Magen und Robert Hilges samt Team kredenzen uns eine kleine Auswahl einiger Highlights aus der Karte. Das Bier dazu versteht sich von selbst an diesem Ort.
Ran an das Tasting, was sind unsere persönliche Empfehlungen?
Vorspeisen Potpourri: Entenconfit Duck Tacos, Shrimp Tacos, Pulled Pork Spring Roll, amerikanischer Krautsalat…
Unser Highlight sind die Tacos (die Inspiration in Kalifornien scheint gut gewesen zu sein). Vor allem zu den frischen Tacos hat das Stone Go To IPA am besten gemundet.
Hauptspeisen-Querbeet: BBQ Briskit nach amerikanischen Rezept, koreanische Schweine Rippchen, Hähnchen mit Kakaokruste, mediterranes Kartoffelgratin.
Hier war das Hähnchen für uns am leckersten. Lag vermutlich auch daran, dass vorher schon davon geschwärmt wurde hehe …aber nichts desto trotz dieses bitter-süß knusprige Hähnchen ist einfach mal was anderes. Die Kakao-Note im Hauptgang kam mir zudem sehr gelegen, konnte man hierzu doch direkt eins der dunklen Biere probieren.
Dessert: Schokokuchen mit flüssigem Kern! Noch Fragen? Wir hatten keine Wünsche mehr. Denn das war einfach göttlich. Erst recht mit dem passenden Stone Xocoveza da.
Eine U-Bahn-Tour quer durch Berlin später – mein Fazit:
Ein besonderer Ort für moderne und frische Geschmäcker, vor allem für Bier-Enthusiasten.
Für Bier-Fans ist das Stone Brewing World Bistro & Gardens auf jeden Fall eine Adresse, die man mal besucht haben sollte. Eine bessere Auswahl an frisch gezapften Bieren, gibt es wohl nirgends an einem fixen Standort in Deutschland.
Kulinarisch solltet ihr schon ein bisschen offen für neue Kombinationen sein, dann macht es richtig Spaß hier.. Zur Not gibt es zwar auch ein paar urig deutsche Gerichte, aber für den Ausflug mit den (Groß-)Eltern der Ü50-Generation gibt es sicherlich klassischere Adressen.